2022-02-25 09:45:58

Studie: Probanden mussten Matheaufgaben lösen - Forscher ermitteln Stresslevel

Viele Schüler:innen begegnen im Schulalltag regelmäßig Stresssituationen. Dass Stress unserem Körper schadet ist bekannt, doch, was dabei im Gehirn passiert, ist noch weitgehend unerforscht. Um diese Frage zu klären, haben Wissenschaftler Schüler:innen Matheaufgaben lösen lassen. Anschließend konnte daraus das Risiko für psychische Erkrankungen abgeleitet werden. 

Matheaufgaben lösen ist für viele Schüler:innen Stress pur

Mathematik gehört nicht unbedingt zu den beliebtesten Fächern von Schüler:innen. Auch später noch haben viele Schwierigkeiten mit dem Fach. Das Lösen von Matheaufgaben in der Schule löst bei vielen Menschen daher negative Erinnerungen an ihre Schulzeit aus.

Wie kann man Probanden am besten unter Stress setzen? Richtig, durch Mathematikaufgaben! Denn diese waren auch das Mittel der Wahl für ein Team von Wissenschaftlern des Münchener Max-Planck-Instituts für Psychiatrie (MPI) und des Universitätsklinikums Tübingen, um bei ihren Probanden ein bestimmtes Stresslevel zu erzeugen, um zu erforschen, was in solchen Situationen in unserem Gehirn geschieht.

Ziel war es zunächst, die gesamte Dauer einer Stresssituation in den Blick zu nehmen. Die Forscher fanden nicht nur Veränderungen in der Kommunikation von Hirnregionen, sondern einen dynamischen Prozess, da verschiedene Netzwerke unterschiedlich im Verlaufe der akuten Belastung agierten. Daraus konnten die Wissenschaftler feststellen, wie anfällig die Probanden für eine negative Grundstimmung war und wie sich dadurch ihr Risiko für eine psychische Erkrankung erhöhte. 

Die Wissenschaftler beobachteten mit diesem Experiment erstmals an ihren Probanden, die knifflige Matheaufgaben lösen mussten, über den gesamten Zeitraum einer belastenden Situation, was im Gehirn geschieht. MPI-Forscherin Anne Kühnel fasst das Experiment wie folgt zusammen: „Unsere Studie zeigt nicht nur, wo Veränderungen auftreten, sondern wie verschiedene Hirnregionen zusammenspielen und wie sich ihre Kommunikation im Lauf der Situation verändert“. 

Probanden musste Matheaufgaben lösen im MRT 

Aufgabe der Studienteilnehmer war es, im Magnetresonanztomografen unter Zeitdruck Matheaufgaben zu lösen. Doch nicht nur diese Situation sollte Stress erzeugen, sondern egal, wie gut sie die Matheaufgaben lösten, sie erhielten negatives Feedback. 

Die dynamische Reaktion der Netzwerke im Gehirn der Studienteilnehmer fiel dabei unterschiedlich aus. Die Wissenschaftler konnten damit einen Rückschluss darauf ziehen, wie ängstlich oder niedergeschlagen die Teilnehmer waren und noch weiter: je ängstlicher, zurückhaltender oder depressiver, je negativer die Grundstimmung eines Menschen, desto höher sei das Risiko eine psychische Erkrankung zu entwickeln, erklärt MPI-Direktorin Elisabeth Binder. „Die veränderte Kommunikation zwischen den Gehirnarealen stützt die These, dass psychische Störungen Netzwerk-Erkrankungen sind, bei denen das Zusammenwirken von neuronalen Einheiten gestört ist”, erläutert die Medizinerin und ergänzt: „Die neuen Erkenntnisse sind wichtig für die Entwicklung individuellerer Diagnosen und personalisierter Therapien.“

Insbesondere für individualisierte Ansätze in der Behandlung von stressbedingten Erkrankungen sieht der Tübinger Neurowissenschaftler Nils Kroemer großes Potenzial durch die neue Studie: „Wir konnten erstmals zeigen, wie wichtig individuelle Muster der Stressantwort im Gehirn sind, um das Erleben von Stress – einschließlich ungünstiger Nachwirkungen der Belastung – besser zu verstehen. In der Zukunft könnten wir unsere dynamischen Modelle der Hirnantwort einsetzen, um beispielsweise die gezielte Wirkung von Medikamenten zu untersuchen, die die Stressantwort bei Personen mit einem hohen Risiko verbessern könnten.“

Welche Personen an der Studie teilnahmen

Die Wissenschaftler bezogen Menschen mit und ohne affektive Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen in ihre Studie ein. Neben Aufnahmen im Magnetresonanztomographen maßen sie das Stresshormon Cortisol und die Herzfrequenz.

Die vollständige Studie kann auf der Website der Fachzeitschrift Biological Psychiatry (externer Link) eingesehen werden.