2020-12-09 16:01:40

Die Geschichte der Mathematik im Überblick - Teil 2

Bereits im ersten Teil unserer Reihe über die Geschichte der Mathematik konnten wir viele spannende Fragen beantworten. Z. B. dass die ersten Hinweise auf praktisches Rechnen bereits in der Steinzeit, vor 35.000 Jahren zu finden waren. Auch haben wir uns näher mit den mathematischen Erkenntnissen und Errungenschaften der antiken Griechen beschäftigt und dargelegt, welche Neuerungen in der islamischen Blütezeit entstanden sind. Der folgende zweite Teil unserer Serie wird dagegen die Mathematik in der europäische Renaissance und der Aufklärung näher beleuchten. Zudem zeigen wir, ab wann sich die Mathematik zur abstrakten Wissenschaft entwickelte, wie wir sie heute kennen. 

Die Auferstehung der Mathematik in der Renaissance um 1500 

Während im Mittelalter noch die Macht der Kirche galt, wurden in der Renaissance dieses Weltbild sowie die Gesellschaftsordnung zunehmend infrage gestellt. Der Glaube an Gott musste immer mehr der kritischen Forschung weichen. Dazu kam, dass der frühe Kapitalismus die Menschen stets vor neue komplizierte Aufgaben stellte, wenn diese z. B. auf dem Markt ihre Waren kauften, verkauften oder sich Geld ausliehen. Ein neuer Beruf war geboren: Der des Rechenmeisters. Dieser übernahm alle kommerziellen Rechenaufgaben und arbeiteten für Fürsten oder Gemeinden. Mit der Zeit wurden spezielle Schulen errichtet, um immer mehr Menschen in diesem Berufsfeld ausbilden. Adam Ries war der bekannteste deutsche Vertreter dieser Profession. Die Redewendung “Nach Adam Riese…” wird heute noch verwendet. Die Mathematiker der Renaissance fanden Methoden, um Gleichungen mit Unbekannten dritter oder vierter Potenz zu lösen. Zudem entwarfen sie das kartesische Koordinatensystem, mit dem sich genaue Karten für die Seefahrt erstellen lassen. 

Der Bereich der Mathematik entwickelte sich in der Renaissance stets weiter und nahm auch immer größeren Einfluss auf die Kunst. Albrecht Dürer z. B. befasste sich mit der euklidischen Geometrie, um räumliche Perspektiven in seiner Malerei realistisch darzustellen. 

Bahnbrechende Entdeckungen in der Zeit der Aufklärung

Die Gedanken der Renaissance der Kritik an christlichen Autoritäten wurde im  17. Und 18. Jahrhundert weitergeführt. In der Epoche der Aufklärung war das Ziel die Menschen mithilfe des eigenen Verstandes zur Wahrheit zu gelangen. In der Mathematik galten in dieser Zeit die Differential- und die Integralrechnung als wichtige Errungenschaften. Erfunden wurden diese von Issac Newton und Gottfried Wilhelm Leibniz. 

Newton beschäftigte folgendes Problem: Er fragte sich, wie sich die Geschwindigkeit eines fallenden Objektes berechnen lies, wenn sich diese in dem Moment des Falls erhöht? Hier löste Newton diese Frage mit der Infinitesimalrechnung. Er zerlegte seine Funktion in unendlich viele, beliebig kleine Zeiteinheiten,  um sich der Geschwindigkeit in einem Moment anzunähern. Seine Ergebnisse blieben jedoch zunächst unveröffentlicht. Leibniz kam zur selben Zeit an anderer Stelle und anderem Wege zur selben Methode. Auf Leibnitz sind noch weitere Errungenschaften wie z. B. die Binärzahlen. 

Ein weiterer Bereich der Aufklärung war die Wahrscheinlichkeitsrechnung. Ausgangspunkt war das Glücksspiel. Denn bereits seit der Antike pokerten die Menschen bei Würfelspielen. Die Menschen wollten jedoch ihre genauen Gewinnchancen bei einem Wurf berechnen. So wurde die Disziplin der Stochastik für z. B. viele Versicherungsgesellschaften interessant. 

Mathematik als abstrakte Wissenschaft im 19. Jahrhundert

Im 19. Jahrhundert wurde die Mathematik noch einmal abstrakter und komplexer. Berühmte Mathematiker zu dieser Zeit waren: Gauß, Galois und Cantor. Gauß galt bereits zu Lebzeiten als Fürst der Mathematiker und Genie. Heute kennen wir ihn durch die Gaußsche Normalverteilung und das Gaußsche Doppelobjektiv in Kameras. Außerdem ist die Einheit der magnetischen Flussdichte nach ihm benannt. Zu spätem Ruhm außerhalb der Welt der Wissenschaft kam er 1991 als Motiv auf dem Zehn-Mark-Schein (externer Link). Auf dessen Rückseite ist zudem der Gaußsche Vizehelitrop (externer Link zu einem PDF-Dokument) zu sehen. Mit 19 Jahren schaffte er, was in 2.000 Jahren Geometrie bisher niemandem gelungen war: Die Konstruktion eines regelmäßigen Siebzehneck mit Zirkel und Lineal. In seiner Doktorarbeit fand er für das Phänomen, dass die Anzahl der Lösungen algebraischer Gleichungen stets mit dem Grad der höchsten Potenz übereinstimmt eine Begründung. Dies gelang ihm durch den Fundamentalsatz der Algebra. Die Anwendung dieses Satzes setzte aber die Einführung neuer, komplexer zahlen mit negativem Quadrat voraus. Nur so konnten Gleichungen wie: x² =-1 gelöst werden. Dennoch konnten algebraische Gleichungen nicht gänzlich gelöst werden. Mit diesem Problem befasst sich Galois, der eine allgemeine Lösungsformel für algebraische Gleichungen erfand:  ax + bx² + cx³ +...= 0 . Dies war eine erstaunliche Neuerung, dann bisher waren Formel für quadratische und kubische Gleichungen bekannt und solche mit vierten Potenzen. Doch für Gleichungen mit höhergradigen Potenzen konnte bisher keine Lösung gefunden werden. 

Galois hingegen entwickelte einen neuartigen Ansatz, indem er jeder Gleichung eine sogenannte Gruppe zuordnete. Eine Gruppe besteht aus einer Anzahl von Objekten sowie einer Vorschrift dazu, wie zwei dieser Objekte zu einem dritten verknüpft werden. Ein Beispiel sind die ganzen Zahlen mit der Vorschrift der Addition. Das Prinzip der Gruppe abstrahierte das Rechnen von den eigentlichen Zahlen und bildet heute das Fundament der Algebra. 

Cantor beschäftigte sich mit dem Thema Unendlichkeit. Ihm gelang es diesen Begriff neu zu definieren. Er unterteilte unendliche Mengen erstmals in ihrerseits unendliche Teilmengen. Damit zeigte er, dass Unendlichkeiten unterschiedlich groß sein konnten. Die der reellen Zahlen waren z. B. größer als die der ganzen Zahlen. So wurden immer weitere Neuerungen aufgestellt und erforscht, die für Laien immer undurchschaulicher wurden. 

Welche großen Erfolge die Mathematik im 20. Jahrhundert feierte und welche Genies das 21. Jahrhundert hervorbrachte, zeigen wir im kommenden dritten Teil unserer Serie.