2021-01-10 01:07:25

Die Geschichte der Wahrscheinlichkeitsrechnung - und wie sie uns im Alltag nützt

Wie wahrscheinlich sind sechs Richtige im Lotto? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit sich mit Corona in einem geschlossenen Raum zu infizieren? Und gewinnt wirklich jedes 10. Los? Die Wahrscheinlichkeitsrechnung spielt auch in unserem Alltag eine bedeutende Rolle. Wir klären auf. 

Wahrscheinlichkeitsrechnung nennt man die mathematische Disziplin, die sich mit der Berechnug von Wahrscheinlichkeiten für Ereignisse in Zufallsversuchen beschäftigt. Das wichtigste Anwendungsgebiet der Wahrscheinlichkeitsrechnung ist die beurteilende Statistik. 

Ihre Wurzeln hat die Wahrscheinlichkeitsrechnung in Problemen, die sich im Zusammenhang mit dem sogenannten Glücksspiel ergaben. Das Buch “Liber de ludo aleae” des italienischen Mathematikers Geronimo Cardano (1501-1576) behandelt bereits einfache Würfelspielprobleme, jedoch  bezeichnet man das Jahr 1654 als den eigentlichen Beginn der Wahrscheinlichkeitsrechnung. In diesem Jahr beklagte sich der französische Schriftsteller Chevalier de Méré (1607-1684) bei dem französischen Philosophen und Mathematiker Blaise Pascal (1623-1662) darüber, dass seine mathematischen Überlegungen nicht mit seinen Erfahrungen beim Würfelspiel übereinstimmen: Erfahrungsgemäß ist es günstig darauf zu setzen, bei vier Würfen wenigstens eine Sechs zu werfen. (Die Wahrscheinlichkeit hierfür ist 1-(⅚)⁴= 0,517….. ) Dann muss es aber auch günstig sein, bei 24 Würfen mit zwei Würfeln auf eine Doppelsechs zu setzen, denn so de Méré das Verhältnis der Anzahl der Möglichkeiten zur Anzahl der Würfe ist jedes Mal 3:2. Pascal löste diesen scheinbaren Widerspruch, indem er in beiden Fällen die Wahrscheinlichkeit berechnete und damit überhaupt erst den Begriff der Wahrscheinlichkeit mathematisch zu fassen versuchte. (Die Wahrscheinlichkeit für eine Doppelsechs bei 24 Würfen mit zwei Würfeln beträgt 1-(35/36)²⁴=0,491…. .) Pascal führte hierüber einen furchtbaren Briefwechsel mit dem französischen Mathematiker Pierre de Fermat (1601-1665), so dass auch de Fermat zu den Gründern der Wahrscheinlichkeitsrechnung zählt. Das Buch “De ratiociniis in ludo aleae” des niederländischen Mathematikers und Physikers Christiaan Huygens (1629-1695) wurde durch den Schriftwechsel zwischen Pascal und Fermat angeregt. Dieses Buch blieb für einige Jahrzente das bedeutendste Werk zur Wahrscheinlichkeitsrechnung. Hier wurde erstmals angedeutet, dass die Wahrscheinlichkeitsrechnung nicht nur für Fragen des Glücksspiels von Interesse ist. Das Buch von Huygens erschien 1657. Erst 1713 wurde (posthum) das klassiche werk der Wahrscheinlichkeitsrechnung des schwiezerischen Mathematikers Jakob Bernoulli (1655-1705) veröffentlicht. Es hatte den Titel “Ars conjectandi” (Die Kunst des Vermutens). Es enthält eine eingehende Darstellung der Kombinatorik und deren Anwendungen auf Glücksspiele und kaufmännische Probleme. Hier ist auch erstmals das Gesetz der großen Zahlen dargestellt, womit die Verbindung zwischen Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik geschaffen wird. 

Der französische Mathematiker Abraham de Moivre (1667-1754), der mehrere mathematische Bücher publizierte, benutzte als erster Bregriffe und Methoden der Analysis in der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Er entdeckte die auch nach dem deutschen Mathematiker Carl Friedrich Gauß (1777-1855) benannte Normalverteilung und den Grenzwertsatz von Moivre-Laplace. 

Als Begründer der modernen Wahrscheinlichkeitsrechnung (Wahrscheinlichkeitstheorie) gilt der französische Mathematiker und Astronom Pierre Simon de Laplace (1749-1827). Er erkannte die Problematik in der Definition des Wahrscheinlichkeitsbegriffs und definierte den klassischen Wahrscheinlichkeitsbegriff auf der Grundlage der Gleichwahrscheinlichkeit (Laplace-Versuch). In seinem Werk Théorie analytique des probabilités stellte er die wichtigsten Sätze der Wahrscheinlichkeitsrechnung zusammen, entwickelte die Methode der kleinsten Quadrate und wendete seine Ergebnisse auf Fragen der Astronomie und der Bevölkerungsstatistik an. Auch Carl-Friedrich Gauß, der als einer der größten Mathematiker gilt, leistete wichtige Beiträge zur Entwicklung der Wahrscheinlichkeitsrechnung (Methode der kleinsten Quadrate, Normalverteilung). Der französische Mathematiker und Physiker Siméon Denis Poisson (1781-1840) stieß auf die nach ihm benannte Verteilung (Poisson-Verteilung), als er das Bernoullische Gesetz der großen Zahlen und den Moivre-Laplaceschen Grenzwertsatz auf den Fall beliebiger unabhängiger Zufallsgrößen verallgemeinerte, er benutzte erstmals den Ausdruck “Gesetz der großen Zahlen”. Der russische Mathematiker Pafnuti Lwowitsch Tschebyscheff (1821-1894) untersuchte die möglichen Abweichungen von den zu erwarteten Werten in langen Zufallsversuchsreihen und trug damit wesentlich zum Verständnis des Gesetzes der großen Zahlen bei. Ein axiomatischer Aufbau der Wahrscheinlichkeitsrechnung wurde schließlich von dem sowjetischen Mathematiker Andrej Nikolajewitsch Kolmogoroff (1903-1987) angegeben. 

Hierfür wird die Wahrscheinlichkeitsrechnung im Alltag benötigt

So viel zur Theorie und Geschichte der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Wie sieht es aber im Alltag aus? Wofür wird die Wahrscheinlichkeitsrechnung benötigt? Jeder kennt es: Man ist auf dem Jahrmarkt und der Losverkäufer ruft:” Lose, Lose! Jedes 10. Los gewinnt!” Tatsächlich bedeutet dies aber nicht, dass man immer bei 10 Losen ein Gewinnerlos dabei hat. Zieht man nur häufig genug, wie z. B. 1.000 Mal, so wird man durchschnittlich 100 Gewinnerlose haben. Damit hätte man also bei rund jedem 10.Los einen Gewinn.

Ein anderes Beispiel ist Lotto. Die Chance auf den Hauptgewinn bei dem klassischen Spiel 6aus49 beträgt rund 1:140 Millionen. Mit dem Hauptgewinn ist die Gewinnklasse 1 gemeint, für die sechs Richtige plus Zusatzzahl erforderlich sind. Die Lotto-Gewinnchance lässt sich so veranschaulichen: In einer Menge aus 140 Millionen Menschen gibt nur einen, der den Hauptgewinn erhält. Tatsächlich beziehen sich die 140 Millionen jedoch auf alle möglichen Zahlenkombinationen der 49 Kugeln sowie der 10 Kugeln für die Extrazahl, nicht auf die Anzahl der Lottospieler.

Ein weiteres Beispiel ist das Wetter. Seit 1881 gibt die Wettervorhersage einen wahrscheinlichen Ausblick darauf, wie das Wetter die kommenden Tage werden wird. Um dies möglichst genau zu beantworten, greifen Meteorologen zu Statistikmodellen und leistungsfähigen Computern. Für das Verständnis ihrer Wettervoraussagen legt der Stochastik-Unterricht in der Schule eine wichtige Grundlage.

Ein weiteres, vor allem aktuelles Beispiel zeigt, die Wichtigkeit von Wahrscheinlichkeitsrechnungen. Durch Corona werden wir tagtäglich medial mit vielen Zahlen konfrontiert. Eine der wohl meist diskutierten Fragen lautet: Wie hoch ist das Risiko, sich in einem geschlossenen Raum über winzige Schwebeteilchen mit dem Coronavirus anzustecken? Wiie kann das Risiko durch Schutzmaßnahmen wie Masken tragen und Lüften herabgesetzt werden? Ein Forschender-Team des Mainzer Max-Planck-Instituts für Chemie hat dazu einen Corona-Rechner (externer Link) entwickelt, mit dem das Risiko einer Ansteckung individuell berechnet werden kann.

Diese Beispiele zeigen, wie wichtig die Wahrscheinlichkeitsrechnung auch für unseren Alltag ist. Daher ist es wichtig, früh genug die Grundlagen für diese zu legen. Du hast Fragen zum Text? Oder Schwierigkeiten mit deinen Mathe-Aufgaben? Dann schreibe uns eine Mail an: info@matheloeser.com. Alternativ kannst du deine Aufgaben auch über unseren Service Aufgaben hochladen senden. Oder nutze in der Zwischenzeit unsere kostenfreien Online-Rechner auf der Startseite oder unter diesem Text. 

Tags: Wahrscheinlichkeit, Binomialverteilig, Online-Rechner, Mathelöser, Wahrscheinlichkeitsrechner, Lottorechner